Enquete-Kommission zu Corona:Jens Spahns "Wildwest"-Erfahrung
von Johannes Lieber und Britta Spiekermann
In der Kommission zur Corona-Pandemie war heute Jens Spahn geladen. Der ehemalige Minister hat zum "Masken-Skandal" Stellung bezogen - und ist bei seiner alten Strategie geblieben.
Der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn wurde von der Enquete-Kommission zur Aufarbeitung in der Corona-Maskenaffäre befragt. Es steht ein Schaden in Milliardenhöhe im Raum.
15.12.2025 | 2:56 minAuf dem Höhepunkt seiner Karriere - in der ersten Corona-Welle - da gab es diesen "running gag" im Bundesgesundheitsministerium. "Jetzt liegt zwischen uns und dem Kanzleramt nur noch die Reinhardtstraße."
Das sollte wohl nichts anderes heißen als: Es ist nur noch ein Katzensprung zum Kanzleramt. Ob der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das Gerede in seinem Ministerium kannte? Wahrscheinlich. Ob er sich die Kanzlerschaft als Erbe Merkels zugetraut hätte? Mit Sicherheit.
Heute war Spahn in der Enquete-Kommission zur Corona-Pandemie geladen - ein Ausschuss, in dem die verschiedenen Bundestagsfraktionen Experten berufen, um die Pandemie aufzuarbeiten. In der heutigen Sitzung ging es um die Maskenbeschaffung. Ein Thema, wegen dem Spahn seit Monaten hart kritisiert wird.
Die Opposition fordert einen Untersuchungsausschuss, um die Hintergründe der Maskenbeschaffungsmaßnahmen von Ex-Gesundheitsminister Spahn aufzuklären.
10.07.2025 | 1:38 minBundesrechnungshof: "Massive Überbeschaffung" von Masken
Insgesamt kaufte der Bund 5,8 Milliarden Corona-Masken für 5,9 Milliarden Euro. Weniger als zwei Milliarden Masken wurden in Deutschland verteilt. Eine "massive Überbeschaffung" nannte das heute Oliver Sievers, der die Maskenbeschaffung für den Bundesrechnungshof untersucht. Es sei zwar richtig, dass in Praxen und Krankenhäusern ein "Versorgungsengpass" abgewendet wurde, so Sievers, aber:
Zur Wahrheit gehört eben auch, dass 3,4 Milliarden Masken vernichtet werden mussten und für uns alle keinen Nutzen hatten.
ZDFheute Infografik
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Die Kosten türmten sich schnell auf. Also verkürzte das Ministerium einseitig die Lieferfristen und sprach zudem von Qualitätsmängeln, um die Masken nicht abnehmen zu müssen. Lieferanten blieben auf den Bestellungen sitzen und reichten Klagen ein. Einigen wurde schon stattgegeben, andere Verfahren laufen noch.
Unangenehme Sitzordnung für Spahn
Für den damals verantwortlichen Gesundheitsminister Spahn hatte schon die Sitzordnung keine einfache Befragung vorgesehen. Mit Oliver Sievers an seiner rechten und Margaretha Sudhof an seiner linken Seite, saß er zwischen zwei seiner härtesten Kritiker.
Nach der Sudhof-Befragung im Bundestag bleiben laut Opposition viele Fragen zu Spahns Maskenaffäre offen. Die Union spricht von "Verschwörungstheorien von Linken und Grünen".
08.07.2025 | 2:43 minSudhof wurde vom Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eingesetzt, um die Maskenbeschaffung zu untersuchen. Sie kritisiert in ihrem Bericht besonders das "Open-House"-Verfahren. Unternehmen konnten dem Bund Masken für 4,50 Euro das Stück anbieten und bekamen vom Gesundheitsministerium die Kauf-Garantie. Spahn habe als "Team Ich" eigenmächtig gehandelt, schreibt Sudhof in ihrem Bericht.
Spahn: Es war "Wildwest"
Bis auf die Union, nahmen alle Fraktionen Spahn besonders ins Visier. Der beruft sich seit Monaten darauf, es damals nicht besser gewusst zu haben und nach bestem Gewissen gehandelt zu haben.
Wir hatten dabei drei Maximen. Haben ist besser als brauchen, Effektivität geht vor Effizienz und Geschwindigkeit vor Perfektion.
Jens Spahn (CDU), ehemaliger Bundesgesundheitsminister
Es habe keine "Blaupause", keinen vorgefertigten Plan gegeben. Dem Vorwurf, er habe eigenmächtig gehandelt, konterte Spahn mit der Konkurrenz auf dem Weltmarkt. Bei den Anbietern hätten "Könige und Staatsoberhäupte" angerufen. Da konnte Deutschland "schlecht auf Referatsebene anrufen lassen", so Spahn.
Sowohl Sudhof als auch Sievers bemängelten zudem eine "unvollständige" Dokumentation im Gesundheitsministerium. Besprechungen mit externen Dienstleistern seien nicht protokolliert und grundlegende Entscheidungen nicht dokumentiert worden. Die Aufarbeitung werde dadurch erschwert.
Wieder auf der politischen Bühne, obwohl er sie meiden wollte: Virologe Drosten wurde am Montag in der Corona-Kommission des Bundestages befragt. Dort verteidigte er die Maßnahmen.
01.12.2025 | 1:49 minWeiter keine Aussicht auf Untersuchungsausschuss
Die Enquete-Kommission soll im Juni 2027 ihren Abschlussbericht vorlegen. Der soll "konkrete Empfehlungen zur besseren Prävention, Bekämpfung zukünftiger Gesundheitskrisen und gesellschaftlichen Resilienz" enthalten, so der Bundestag.
Alle Oppositionsparteien fordern darüber hinaus einen Untersuchsausschuss zur Maskenbeschaffung unter Ex-Minister Spahn. Um die benötigten 25 Prozent im Bundestag zu erreichen, müssten Grüne und Linke aber zusammen mit der AfD stimmen. Das schließen beide Fraktionen aus.
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